Musik für Kammerensemble, Stimme und Tonband


Theodor Lessing zum Gedenken (1991)

Textzitate:

Theodor Lessing:

- "Die blauschwarze Rose" (1926)

- "Hindenburg" (1925)

- "Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen". München 1919.

 

Musikzitate:

- "Es ist ein Schnitter". Einzelblatt-Druck, Regensburg 1638. Satz: U.K.

- "Warte, warte nur ein Weilchen" (aus: "Marietta". 1923. Komponist: Walter Kollo. Arrangement: U.K.

- Jubelmarsch zum 50jährigen militärischen Jubelfeste S.M. des Königs Ernst August von Hannover. 1861. Komponist: Kronprinz Georg von Hannover (nachmals König Georg V.), Arrangement: U.K.

Das Werk entstand als Kompositionsauftrag der Stadt Hannover anlässlich der 750-Jahr-Feier der Erlangung des Stadtrechts 1991. Der Philosophpieprofessor, Schriftsteller und Publizist Theodor Lessing, 1872 in Hannover geboren, begleitete von hier aus die politischen und gesellschaftlichen Ereignisse der Weimarer Republik mit Veröffentlichungen von intellektueller Prägnanz und psychologischer Scharfsicht und brachte damit die von nationalkonservativer Einstellung bestimmte Öffentlichkeit gegen sich auf.

Einen skandalösen Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen bildete der Entzug der Zulassung Lessings als Prozessberichterstatter im Mordfall Fritz Haarmann. Während Lessing weiterhin kompromißlos die These von der gesellschaftlichen Mitverantwortung vertrat und sich damit in direkten Gegensatz zur herrschenden juristischen Auffassung setzte, sangen die Hannoveraner unbekümmert den Haarmann-Schlager zu einer populären Operettenmelodie von Walter Kollo: "Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt Haarmann auch zu dir, und mit seinem Hackebeilchen macht er Schabefleisch aus dir . . .".

 

Eine weitere Facette des Werkes von Theodor Lessing erfährt in der "Gedenkmusik" ironische Zuspitzung: Hinter dem Titel "Die blauschwarze Rose" verbirgt sich ein Anti-Lärm-Pamphlet Lessings, der sich mit der Gründung eines Anti-Lärm-Vereins in die breite Phalanx der prominenten Lärm-Hasser (unter ihnen Goethe und Schopenhauer) einreihte. Vor allem auch das Musizieren wird darin als unabwehrbarer Angriff auf Philosophenohren eindringlich beklagt.

 

Lessings Arbeitsstil, bestimmt durch geschichtsphilosophische Reflexion, gewissenhafte Analyse und humanitäre Grundüberzeugung, wurde sehr deutlich auch in der 1925 veröffentlichten Charakterstudie über den damaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Diese Arbeitsweise zog als Reaktion 1926 seine Entlassung aus dem Hochschuldienst nach sich. 

 

In den darauffolgenden Jahren trotzte Lessing den gegen ihn gerichteten Hetzkampagnen. Er blieb in Hannover ansässig und war weiter als freier Publizist für ausländische Tageszeitungen tätig.

Theodor Lessing wurde im September 1933 - kurz nach seiner Flucht - in Marienbad (Böhmen) von Anhängern des Nazi-Regimes ermordet.