Preußisch Doppelbild


Kammeroper in zwei Teilen

für Sopran, Bariton und zehn Instrumentalisten (1995)

UA: 18./19. April 1996, Theater im Künstlerhaus, Hannover

Musikalische Leitung: Martin Brauß

Dramaturgie: Ulrich Kallmeyer

Regie: Dorothee Zapke

Bühnenbild und Licht: Joachim Weinhold

Regieassistenz: Bärbel Siefert

Kostüme, Requisite: Joachim Weinhold, Bärbel Siefert

Produktion: Das Neue Ensemble

 

Sopran: Marietta Zumbült

Bariton: Peter Frank

 

Flöte: Lorenz Hellgardt

Klarinette: Udo Grimm

Horn: Theo Wiemes

Trompete: Frank Trudwig

Klavier: Tatjana Prelevic

Schlagzeug: Stephan Meier, Dörte Siefert

Violine: Claudia Sack

Violoncello: Carsten Dehning

Kontrabaß: Albert Sommer

 

Auftragswerk des Hannoverschen Künstlervereins für Das Neue Ensemble


Mit "Preußisch Doppelbild" wird eine Ausgabe der "Vereinigten Altenburger und Stralsunder Spielkartenfabrik" bezeichnet, die im Unterschied zu den bisherigen deutschen Karten durch punktsymmetrische Anordnung der Blatthälften es den um einen Tisch sitzenden Spielern erleichtert, die Karten aus den verschiedenen Blickrichtungen schnell zu erkennen. Obwohl - und dies nicht nur in Skatkreisen -  grundsätzlich keinerlei Zweifel darüber besteht, dass hier dieselbe Person zweifach, eben verdoppelt, portraitiert wird, so scheint die beschriebene Anordnung der Bilder eine Spaltung der dargestellten Persönlichkeit zu bewirken, deren Hälften sich nunmehr offensichtlich, zum Teil sogar feindselig bewaffnet, gegenüberstehen.

 

Von dieser Art ist das Verhältnis der Protagonisten in der Kammeroper "Preußisch Doppelbild" zueinander, und die Wandlung der Perspektive auf dies immergleiche Verhältnis ist ihr Gegenstand. In ihrer Unfähigkeit zur Einschätzung der Person des jeweils anderen und damit zur erfolgreichen Annäherung gleichen sie sich aufs Haar, und obwohl die Natur sie dazu bestimmt hat, ein Paar zu bilden und als solches eine Einheit darzustellen, sind sie Gegenpole, zurückgezogen und einsam, wie es Kurt Tucholsky auf unvergleichliche Weise in "Schloß Gripsholm" in Worte gefasst hat (Zitat).

 

Auch zwischen den beiden Teilen des Stückes ergibt sich durch die Zuordnung zu jeweils einem der Darsteller ein entsprechendes Verhältnis. Allerdings kann der zweite Teil  auf verschiedene Weise auf den ersten bezogen werden: als Fortsetzung, als direkte spiegelbildliche Entsprechung (duch teilweise Übereinstimmung von Musik und Szene) und schließlich als die am Beispiel der Spielkarte erwähnte punktsymmetrische Anlage (durch Rückläufigkeit der Szenenfolge und der Musik).

 

Ein Libretto im traditionellen Sinne, dessen Inhalt hier mitzuteilen wäre, ist nicht vorhanden. Die Texte sind beim gleichzeitigen Entwurf von Musik und Szenenfolge im wesentlichen nach dem Stimmungsgehalt der Situation entweder angefertigt oder aus Volksliedsammlungen des 16. Jahrhunderts und aus Kinderliedsammlungen ausgewählt worden. Die Begebenheiten werden hauptsächlich mit szenischen Aktionen und ausgewählten Gegenständen erzählt. Dadurch erhält die Dramaturgie von Beginn an das gleiche Gewicht wie die übrigen Elemente des Musiktheaters. Die räumliche Trennung von Musik und Szene wird durch die Aufstellung des Orchesters auf der Bühne aufgehoben, das so ein lebendiger Tel des Bühnenbildes wird, aus dem eineige der Instrumentalisten heraustreten und am szenischen Geschehen teilnehmen. Auch inhaltlich wird die Durchdringung von szenischer und musikalischer Aktion angestrebt.

 

Es bedarf also keiner Vorinformation, um der freilich nicht immer in den gewohnten logischen Bahnen verlaufenden Handlung des Stückes zu folgen. Gerade den absurden und grotesken Zügen der Handlung abseits der textlichen Konkretion kommt hier große Bedeutung zu, da sie besonders der persönlichen Wahrnehmung jedes einzelnen unterliegen.

 

Der geneigte Betrachter erhält damit die Möglichkeit, sich in die Situation der Protagonisten hineinzuversetzen, deren gegenseitige Wahrnehmung dem Blick in einen Spiegel gleicht: nur scheinbar tritt ihnen ein Gegenüber entgegen, tatsächlich sehen sie darin immer sich selbst.


Besetzung des Orchesters

 

Flöte (auch Piccolo)

Klarinette in B (auch kleine Klarinette in Es, Bassklarinette in B)

Trompete in B

Horn in F

Schlagzeug (2 Spieler)

 

     Xylophon

     Vibraphon Glockenspiel

     kleine Trommel

     Große Trommel mit montiertem Beckenpaar

     1 Pedalpauke (G)

     4 Tomtoms

     Ratsche

     Vibra slap

     2 Triangel

     2 Hängebecken (mittel-hoch)

     Tamtam (mittel)

     1 Paar Orchesterbecken

     1 Röhrenglocke (es')

     1 hängender Stahl (ca 50 cm), Metallschlegel

     Rührtrommel

 

Klavier

Violine

Violoncello

Kontrabass