Ouvertüre C-Dur


für Orchester (2, 2, 2, 2, 4 Hr, 2 Tr, 3 Pos, Pk, Streicher)

Im Auftrag des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Graz

herausgegeben und ergänzt von Ulrich Kallmeyer

 

             I. BESCHREIBUNG DER QUELLE. Die der Neuausgabe zugrundeliegende Quelle der Ouvertüre ist ein handschriftliches Stimmenmaterial, das der Herausgeber im Antiquariatshandel erworben hat. Das Original besteht in einer leicht bestoßenen, mit grauem Leinen bezogenen und mit einer aufgeklebten Signatur sowie dem handschriftlichen Titelvermerk „Ouv. ex C“ versehenen Mappe, welche nach Beschaffenheit und Erhaltungszustand aus späterer Zeit stammt. Die lose einliegenden Stimmen bestehen in 10 Lagen von unterschiedlicher Bogenanzahl ohne Paginierung sowie 6 Einzelblättern. Die Bögen sind doppelseitig mit brauner Tinte in drei voneinander abweichenden, nicht näher zuzuordnenden Handschriften beschrieben. Die Einzelblätter enthalten den Beginn der Klarinetten- bzw. Hornstimme, zu allen weiteren Bläserstimmen sind keine entsprechenden Blätter enthalten, diese Stimmen weisen daher zu Beginn größtenteils erheblichen Textverlust auf, der sich aus der Tatsache ergibt, dass der Notentext auf der Innenseite eines ehemals vorhandenen Umschlagbogens begann und dieser Bogen später – möglicherweise in der Absicht, die Autorenangabe zu tilgen – entfernt wurde. Die Streicherstimmen dagegen beginnen auf der Bogenvorderseite und besaßen eigene, ebenfalls entfernte Umschlagbögen, als deren unbeschriebene Hälften die nun losen und nachträglich beschriebenen Einzelblätter anzusehen sind.

Die Fagott- und die Paukenstimme fehlen vollständig, aus der Violastimme fehlt der mittlere Bogen.

Die Partitur ist vom herausgeber nach der Quelle textkritisch erstellt worden (s. Kritischer Bericht). Fehlendes ist zum Zwecke der Aufführbarkeit rekonstruiert und in der Partitur entsprechend gekennzeichnet worden.

 

         II. ZUR PROVENIENZ der Quelle ist von Händlerseite nichts bekannt. Papieranalyse (Fertigungszeitraum zwischen 1820 und 1835 wahrscheinlich in Niederösterreich oder Böhmen) und äußere Merkmale der Quelle haben die Zugehörigkeit zu dem erst 2007 aus privater Hand ans Licht gekommenen und heute im Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Graz befindlichen Nachlass des Komponisten Anselm Hüttenbrenner (1793-1868) einwandfrei erwiesen. Unter den ca. 1400 Musikalien dieses bedeutenden Nachlasses, dessen wissenschaftliche Erschließung gegenwärtig ein Projekt des österreichischen Bundesstaates ist, befindet sich ein Konvolut von etwa 60 Werken verschiedener Gattungen, deren Verfasser und Herkunft nicht oder nicht sicher bestimmbar ist. Ihnen gemeinsam ist eine auffällige Diversität der Handschriften, verbunden mit mechanischen Fragmentierungen bzw. Störungen im Papierverlauf. Diesem Segment des Nachlasses ist die Quelle der Ouvertüre zuzurechnen.


         III. DIE FRAGE NACH DER AUTORSCHAFT ist beim heutigen Stand der Forschung kaum zu beantworten und wird vor allem dadurch kompliziert, dass - wie der eigenartige Befund nahe legt - unterschiedlichste Grade der Koproduktion, wie etwa aus einer Unterrichtssituation hervorgehend, zwischen Hüttenbrenner selbst und dem Umkreis seiner wiener Zeit (zu dem Salieri, Schubert und Beethoven gehörten) in Betracht gezogen werden müssen. Erst die genaue graphologische und stilkritische Untersuchung der Gesamtheit des überlieferten Materials wird zur Näherung beitragen.

Vielleicht muss die von der Forschung bereits verworfene Behauptung, Hüttenbrenner sei versucht gewesen, die in seine Hände gelangte Partitur von Schuberts h-moll- Sinfonie als seine eigene auszugeben, in neuem Licht gesehen werden. Allerdings hätte er eine solche zweifelhafte Moral zum Zwecke seiner eigenen Promotion nicht nötig gehabt, denn gerade von Schubert ist die außerordentliche Wertschätzung Hüttenbrenners als Komponist bezeugt. Warum Hüttenbrenner diese Sammlung anlegte, aus welchen Quellen er Werke von der Bedeutung dieser Ouvertüre schöpfte und inwieweit er an der Substanz dieser Werke beteiligt ist, bleibt daher zunächst fraglich.