Konzert für einen Schlagzeugsolisten

und großes Orchester

(Sp: 20 min) Auftragswerk der Stadt Unna.

UA Kamen 1991, Westfälisches Sinfonieorchester Recklinghausen


Für das „Konzert für einen Schlagzeugsolisten und Orchester“ sind Techniken, die zuerst in den bildenden Künsten erprobt wurden, auf den Bereich der Musik übertragen worden.


Mit einer Collage hat die Musik des „Konzertes“ das unvermittelte Neben- und schichtartige Übereinander von Elementen ganz unterschiedlicher Herkunft gemeinsam, welches dem Gesamtbild durch Kombination und gezielte Fragmentation sowie durch die zusätzliche Überarbeitung der „Fertigteile“ zum Ausdruck verhilft. Sozusagen den „Bildgrund“ bildet hierbei eine vollständige klassische Sinfonie, die von mir zuvor angefertigt wurde und die allerdings nach der Bearbeitung nur noch an wenigen Stellen im Originalzustand geblieben ist. In dem Stück stehen die historischen Fragmente, die durch Klangfarbenschichten von verschiedener Transparenz hindurchschimmern, in scharfem Kontrast zu konsequent geräuschhaft angelegten Flächen. Eine eigene, meist abdeckende Schicht stellt dabei die immer wieder durchscheinende Tonbandzuspielung dar, die ebenfalls nach dem Collageprinzip aus Radiogeräuschen aller Art hergestellt wurde. Diese Elemente korrespondieren durch die Breite des Solo-Instrumentariums, das vom traditionellen Orchester-Schlaginstrument bis zur klanglich eingesetzten Requisite reicht, mit den musikalischen und den szenischen Aktivitäten des Solo-Schlagzeugers, in dessen Person die stark divergierenden Substanzen zusammenfließen und sich in drastischer Darstellung entladen.

Mit der vorzugsweisen Verarbeitung von Fragmenten aus den Druckmedien ist die Entwicklung der Collage zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Reaktion auf das Eingreifen von Technik und Medien in alle Lebensbereiche. Auch das „Konzert“ bezieht sich auf diesen Vorgang, und zwar auf die dadurch erfolgte vollständige Umwandlung des traditionellen Kunst- und Kulturverständnisses. In dem uns gegenwärtigen fortgeschrittenen Stadium dieses Prozesses ist mittlerweile die Widersprüchlichkeit der Situation nicht mehr zu übersehen: die vollkommenen mediale Verwaltung der künstlerischen Produktion aus vergangenen Jahrhunderten bestimmt das Musikleben einer Gegenwart, die mit ihrem Selbstverständnis in der Krise lebt.

Das Konzert ist für Stephan Froleyks geschrieben worden, der mir durch seinen Wunsch, ein Orchesterkonzert außerhalb des Repertoires zu spielen, die Möglichkeit gab, dieses Stück zu verwirklichen. (U. K. 1991)