für Posaune, Violoncello, Schlagzeug und Klavier (2016)

.  .  .  ein Mann, Seikilos, seiner verstorbenen Frau Euterpe widmete und besteht aus vier Versen eines im diatonischen Geschlecht vertonten Sinnspruches, der frei übersetzt etwa lautet:

 

Solange du blühest, halte doch Trauer und Gram dir fern, 

Des Lebens Spanne ist kurz genug, und schon bald wird die Zeit das Ihre fordern –

(Verdeutschung: U.K.)

 

Der gedrungen säulenförmige Stein wurde um 1880 angeblich bei Gleisbauarbeiten durch eine britischen Eisenbahngesellschaft in der Türkei gefunden und blieb zunächst im Besitz des Direktors der Firma, dessen Ehefrau ihn als Ständer für Topfblumen benutzte. Dazu hatte man eine Bruchstelle an der Basis des Steins kurzerhand durch Absägen so weit geglättet, dass das Säulchen stehen konnte, allerdings fiel dieser im Ganzen erfolgreichen Maßnahme die letzte Textzeile der Inschrift zum Opfer, weshalb wir nähere Angaben zu Euterpe, mit deren Name der nun unvollständige Satz abbricht, nie erfahren werden. Auf verschlungenen Wegen kam der Stein im Gepäck der holländischen Diplomatie nach Den Haag, wo er im Jahre 1966 von der Antiquitätenabteilung des Dänischen Nationalmuseums für die Kopenhagener Sammlung aquiriert wurde. Dort ist er heute unter der Inventarnummer 14897 in der Ausstellung zu sehen.

 

In dem Text wird Trauer, Bescheidung und Erkenntnis der verhältnismäßigen Nichtigkeit menschlichen Daseins mit Bestimmtheit ausgesprochen. Diese wunderbar klar und deutlich erfasste Position war in der zeitgenössischen griechischen Dichtung und Philosophie wohl überall gegenwärtig. Der Dichter Pindar fand hierzu eine bezaubernde, noch knappere Formulierung, aus der ich den Titel des Stückes genommen habe:

 

Eines Schattens Traum ist der Mensch